Qualitätssicherung ist noch kein Qualitätsmanagement

Die Begriffe „Qualitätssicherung“ und „Qualitätsmanagement“ werden häufig als Synonyme füreinander verwendet, was im Fachkontext schnell zu Verwirrungen führen kann. Tatsächlich sind die Begriffe eng miteinander verwandt, müssen aber klar voneinander unterschieden werden. Teilweise wird Qualitätssicherung in der Fachliteratur als „Evolutionsstufe“ des Qualitätsmanagements beschrieben, möglicherweise geht die synonyme Verwendung der Begriffe aber auch darauf zurück, dass die Begriffe gleichzeitig im Zuge der Einführung von ISO 9001 an Bekanntheit gewannen.

Definition nach ISO 9000

Während die DIN EN ISO 9000 (2015-11) „Qualitätsmanagement“ als ein auf Qualität bezogenes Management definiert, wird in der Anmerkung zu diesem Begriff, „Qualitätssicherung“ (neben Qualitätsplanung, Qualitätssteuerung und Qualitätsverbesserung) als (mögliches) Instrument/Werkzeug des Qualitätsmanagements genannt.

In der Definition von „Qualitätssicherung“ wird diese als Teil des Qualitätsmanagements beschrieben, mit dem Ziel, Vertrauen zu erzeugen, dass die Qualitätsanforderungen erfüllt werden.

Gängiger Umfang der Qualitätssicherung

Im produzierenden Gewerbe werden häufig Wareneingans- und/oder Warenausgangsprüfungen, je nach Umfang des zu fertigenden Gutes auch Prüfungen von Zwischenzuständen als „Qualitätssicherung“ bezeichnet. Dies ist auch grundsätzlich richtig und ist als Anschauungsbeispiel sehr gut geeignet. Die „Qualitätssicherung“ umfasst dabei beispielsweise Prüfungen ob Fertigungstoleranzen eingehalten, das spezifizierte Material verwendet oder das richtige Produkt geliefert wurde. Ähnlich sieht es im Handel aus, wo beispielsweise Prüfung auf Beschädigungen im Wareneingang oder ob die richtige Menge eines Produkts für den Kunden gepackt wurde, als „Qualitätssicherung“ bezeichnet werden kann. Dabei zeigt sich, dass in diesem Kontext „Qualität“ und „Quantität“ nicht als gegensätzliche Pole oder unabhängige Aspekte gesehen werden kann, sondern die Quantität der Ware ein Aspekt der Qualität der Lieferung ist. Im Dienstleistungssektor wiederum fallen beispielsweise die Prüfung aufgezeichneter Telefonate mit Kunden unter „Qualitätssicherung“.

In der Praxis versteht man also allgemein unter dem Begriff „Qualitätssicherung“ alle Maßnahmen die Überprüfen, ob eine Produkt oder eine Dienstleistung den Qualitätsanforderungen entspricht. Vollständig umfasst der Begriff aber alles, was die Qualität „sicherstellt“. Im Rahmen der vollständigen Qualitätssicherung muss beispielsweise auch die Frage beantwortet werden, wie mit (potentiellen) Qualitätsabweichungen umgegangen werden muss. Die Grundsätze einer vollständigen Qualitätssicherung lassen sich anhand folgender, konkreten Problematik darstellen:

  • Bei der Kalibrierung eines Messgerätes wird festgestellt, dass die Messtoleranzen des Gerätes überschritten sind.
  • Wie bewertet man nun die seit der vorausgehenden Kalibrierung erfolgten Messungen des Messgeräts?
    • Extremfall 1: alle Messungen seit der letzten Kalibrierung werden als „in Ordnung“ betrachtet; Annahme: alle Produkte entsprechen der Qualität; Folge: keine Handlung erforderlich.
    • Extremfall 2: alle Messungen seit der letzten Kalibrierung werden als „nicht in Ordnung“ betrachtet; Annahme: kein Produkte entspricht der Qualität; Folge: Rückruf aller betroffenen Produkte.

Ähnliche Problematiken entstehen bei Abweichungen von Stichproben und die Problematik lässt sich auch leicht auf andere Branchen übertragen. Daraus wird auch ersichtlich wie wichtig eine gut durchdachte Qualitätssicherung ist. Durchdacht bedeutet dabei vor allem, die Qualitätssicherung an die Anforderungen anzupassen. Je kritischer ein Produkt oder eine Dienstleistung ist, desto strenger muss die Qualitätssicherung sein.

Damit geht die Thematik über in die Qualitätssteuerung, worunter auch das Lieferanten-Management fällt. Die Qualitätssteuerung umfasst Prozesse zur Erfüllung der Qualitätsanforderungen. Die Grenzen zwischen Qualitätssicherung und -steuerung sind unter Umständen fließend.

Legt man die Definition nach ISO 9000 (Stand 2015-11) zugrunde, ist Transparenz gegenüber dem Kunden (und anderer „interessierter Parteien“) oder die Einbeziehung wichtig, um die Aufgabe der „Vertrauensschaffung“ zu erfüllen.

Teil des Qualitätsmanagements

Die Qualitätssicherung ist ein integraler Bestandteil eines funktionierenden Qualitätsmanagements und kann als ein ausführendes Organ des Qualitätsmanagements gesehen werden. Eine funktionierende Qualitätssicherung alleine ist aber noch kein funktionierendes Qualitätsmanagement. Eine vollständige Qualitätssicherung hängt immer vom Begriff der „Qualität“ im Kontext des speziellen Qualitätsmanagements eines Unternehmens ab, denn dieser erstreckt sich möglicherweise nicht nur auf das Produkt an sich. Beispielsweise setzt sich in demokratischen Staaten zunehmend die Forderung nach Einhaltung von Mindeststandards an Arbeitsbedingungen innerhalb der gesamten Lieferkette durch und ist damit auch eine Qualitätsanforderung, die im Rahmen der Qualitätssicherung „gesichert“ werden muss.

Avatar von Benedikt Heinrich